Montag, 31. Mai 2021

[ Buchgeflüster ] - Lieblingskind

Lieblingskind
von C.J. Tudor

Joe wäre seiner alten Heimat am liebsten für immer fern geblieben. Das, was in seiner Kindheit seiner kleinen Schwester widerfahren ist, veränderte sein ganzes Leben und nichts hätte ihn wieder dorthin führen können. Nichts, abgesehen von einer Email, in der der unbekannte Absender meint, zu wissen, was mit seiner Schwestern geschehen ist. 
Und auch, dass es wieder geschieht....

Samstag, 29. Mai 2021

Sommergefühl

Der Mann sitzt in seinem Arbeitszimmer und blickt aus dem Fenster. Es ist kein besonders großes Zimmer und sein Schreibtisch besteht auch nicht aus einem wertvollen, exotischen Holz. Es ist ein einfacher Eichentisch, dunkelbraun lackiert.
Er wollte nie das große Geld, nie mit seinem Reichtum protzen, musste nie sich selbst und anderen beweisen, dass er es im Leben geschafft hat. Aber…. Hat er das wirklich? Immer wieder fragt er sich: ist dies ein gutes Leben? Ein eigenes Haus mit Garten. Eine sichere Zukunft. Eine glückliche und gesunde Familie. Ja, es ist ein gutes Leben. Es sollte ein sorgenfreies Leben sein.
Auf dem Tisch liegt ein Blatt Papier, ein passender Umschlag und ein Kugelschreiber. Er weiß noch, wie er diesen von seiner Frau zum zehnten Hochzeitstag bekommen hat. Für ihn war es das perfekte Geschenk. Ein einfacher Kugelschreiber ohne jeglichen teuren Schnickschnack, aber doch für die Ewigkeit gedacht. Selbst in diesen irrsinnig technologisierten Zeiten schreibt er alles zuerst mit der Hand und überträgt es dann auf den Computer.
Er nimmt den Kugelschreiber in die Hand, setzt ihn auf das Papier auf und legt ihn wieder weg. Hundert Gedanken fliegen ihm durch den Kopf, aber kein klarer Satz. Wie soll er anfangen? Ausgerechnet jetzt hat er eine Schreibblockade. Buch um Buch schrieb er ohne jegliche Probleme und jetzt, wo es mehr denn je um das Leben geht, bringt er kein einziges Wort zu Papier.

Montag, 24. Mai 2021

[ Buchgeflüster ] - Camera

Camera
von Eva-Marie Liffner

Im Nachlass ihres Onkel findet Johanna mysteriöse Photos und Schriften, die in einer Chiffre geschrieben sind. Angestachelt durch ihre Neugier, beginnt sie, mehr über das frühe Leben ihres Onkels in Erfahrung zu bringen und stößt bald auf einen alten Mordfall.

Mittwoch, 19. Mai 2021

Das Modell

„Bitte, komm herein.“
Sie geht durch den Türrahmen, zwäng sich an ihm vorbei und sieht in das schmale Treppenhaus. Schon auf dem ersten Blick wird klar, dass hier sehr viel Platz verschwendet wurde, denn die Wände reichen teilweise fünf Meter hoch. Absolut irrsinnig. Im Winter wird man das Treppenhaus, welches direkt zur Wohnung gehört, niemals aufheizen können.
Sie geht die ersten paar Stufen hoch, zieht sich die Schuhe aus und stell sie neben den seinen.
Links führen weiter Stufen in den eigentlichen Wohnbereich hinauf. An den Wänden hängen auf Augenhöhe verschiedene Dekorationen: Schmetterlinge, Makramee, Uhren, Schlüssel…. Alles Mögliche.
„Ich würde ja lieber Gemälde und Bilder aufhängen. Hier sind so ziemlich die einzigen Wände, an denen mehr und größere Platz hätten, aber der richtige Abstand wäre nicht gegeben…. Und diese endlos hohen Wände…. Da hätte man oben locker noch mehr Platz schaffen können. 
„Wie auch immer, ich hätte hier gerne noch mehr Schmetterlinge und Uhren. Was gibt es verlockenderes als eingerahmte Schmetterlinge und tickende Uhren?“
Die Treppe verläuft links weiter. Sie geht rauf und als ihr Blick über die oberste Stufe reicht, sieht sie einen gezeichneten Akt. Eine Person mit Penis sitzt breitbeinig und hält den Kopf in den Händen gestützt. Die Person selbst ist in grau gehalten, mit Kohle gezeichnet, rotes Haar. Der Hintergrund besteht aus einer dunkelblauen Ölfarbe, welche an den Rändern heller wird. Am dunkelsten, fast schon Schwarz, ist es um das strahlende Fenster, dessen Verstrebungen ein Kreuz abzeichnen. Von rechts berührt eine körperlose Hand die Schulter der Person.
Eine Geste des Mitgefühls.

Montag, 17. Mai 2021

[ Buchgeflüster ] - Englische Meister Erzählungen

Ich hatte mal wieder große Lust auf Kurzgeschichten und hoffte, so auf eine paar neue Autorinnen/Autoren zu stoßen, die mir gefallen. Was sollte da also bei einer Sammlung mit dem Titel Englische Meister Erzählungen schon schiefgehen?
Man kann sich hauptsächlich langweilen....
Von den sieben Erzählungen haben mich nur zwei gut unterhalten: The Tremendous Adventures of Major Brown von G.K. Chesterton und Kew Gardens von Virginia Woolf
Bei der Erzählung von Chesterton hat mir die Geschichte an sich recht gefallen, bei Woolf war es die Erzählart: es ist wie ein Kameraschwenk durch einen Park in einem Film und man sieht kurz all diese verschiedenen Personen und was sie tun. Wirklich schön.

Tja, und die anderen Erzählungen entsprachen einfach nicht meinem Geschmack.


juhk. d

Samstag, 15. Mai 2021

Kameras

Obwohl es eine Nebenstraße ist, säumen sich auch hier links und rechts überall
Geschäfte und Dienstleistungen.
Typisch Großstadt. Ich hasse es. Wenigstens sind hier nicht so viele Leute
unterwegs.
Er geht unbeirrt weiter, achtet kaum auf die Auslagen. Er weiß nicht mal, ob er hier
richtig ist. Die Richtung sollte so ungefähr stimmen, aber irgendwann muss er mal
abbiegen. Er wirft einen Blick auf den Screenshot, den er von Google Maps gemacht
hat. Die Seitenstraße bringt ihn ein bisschen vom schnellsten Weg ab, aber er hatte
es unter den Menschenmengen nicht mehr ausgehalten.
Am liebsten wäre er schon im Heim. Dort könnte er zwar nicht besonders viel
machen, vielleicht durch den ruhigen Park spazieren oder im Gras sitzen, allein oder
gerne auch mit anderen, aber jetzt durch die Stadt zu müssen ist ein kleiner
Alptraum. Jedoch war der Drang Plasma zu spenden größer. Fast einen Monat war
er jetzt schon wieder nicht mehr, obwohl er jede Woche gehen möchte. Die letzten
Wochen ging er nicht, weil er dachte, dass er keine Zeit dafür hätte, und hier erst
wirklich ankommen müsste. In Wahrheit hatte er einfach keine Lust, dort anzurufen,
um sich einen Termin auszumachen. Hätte er auch hier die Termine gleich online
vereinbaren können, wäre er wahrscheinlich schon in der ersten Woche spenden
gegangen, aber es mussten erst Wochen vergehen, bis er seinen Arsch dazu
bewegen konnte, einen Anruf zu tätigen. Tatsächlich war es das freundlichste
Gespräch, das er bisher mit einer Mitarbeiterin der Plasmazentren geführt hatte.
Jetzt will er nur möglichst schnell dorthin, die Spende hinter sich bringen und dann
wieder in seinem Heimzimmer verschwinden.

Montag, 10. Mai 2021

[ Buchgeflüster ] - The Chalk Man

The Chalk Man
von C.J.Tudor

Dreißig Jahre sind die Ereignisse rund um der Kreidemann her und Eddie war fest der Überzeugung, dass die Vergangenheit Vergangenheit bleibt, doch als er einen Brief mit einem Stück Kreide und einem gezeichneten Strichmännchen bekommt, drohen ihn die Geheimnisse seiner Kindheit einzuholen.... 

Montag, 3. Mai 2021

[ Buchgeflüster ] - Broken (in the best possible way)

Broken (in the best possible way)
von Jenny Lawson


Jenny Lawson berichtet uns einmal mehr über ihr Leben mit diversen psychischen (und physischen) Erkrankungen und nimmt mal wieder kein Blatt vor dem Mund. Dieses Mal vielleicht sogar noch weniger, denn der Fokus liegt stärker auf den Erkrankungen und den Behandlungen, für die sie –und viele andere– einen erbitterten Kampf austragen müssen. 
Darüber schrieb sie natürlich auch schon in ihren vorherigen Büchern, aber bei denen bestand die Hälfte aus diesen Themen und die andere Hälfte aus witzigen Begebenheiten. So ungefähr jedenfalls. 
    Bei Broken findet ihr ebenfalls sehr witzige Kapitel (z.B. All of the Reasons I'm Not Coming to Your Party), aber eben auch sehr viele ernste, heftige Kapitel. Bei manchen standen mir Tränen der Wut, der Fassungslosigkeit und der Trauer in den Augen (An Open Letter to My Health Insurance Company und We Are Who We Are Until We Aren't Anymore). Vielleicht halten sich die witzigen und ernsten Kapitel doch auch hier die Waage, aber die ernsten haben dieses Mal bei mir einen größeren und langlebigeren Eindruck hinterlassen.

Vom Inhalt mal abgesehen, schreibt Lawson wieder einmal so unglaublich gut. Es ist ganz einfach eine Freude, ihre Worte zu lesen. Wenn ihr das noch immer nicht wisst (der englischen Sprache jedoch mächtig seid), tut es mir wirklich leid. Lest ihren Blog! Folgt ihr auf Twitter! Instagram hat sie auch! Facebook wahrscheinlich auch, aber damit schlage ich mich jetzt nicht rum.


Fazit
Jenny Lawson ist ein Geschenk des Universums und ich wünsche ihr nur das Beste.

Broken (in the best possible way) bekommt von mir 5 von 5 Rainbow Fires.


juhk. d