Der kleine Freund
von Donna Tartt
Vor zwölf Jahren starb der kleine Robin und für die Familie Cleve ist seitdem nichts mehr wie es einmal war. Alle versuchen irgendwie weiterzuleben und die Tragödie ruhen zu lassen.
Doch Robins Schwester Harriet, die damals nur ein paar Monate alt war, ist mit Geschichten über Robin aufgewachsen und doch kennt sie ihn nicht. Genau deswegen kann sie die Vergangenheit nicht Ruhen lassen: sie setzt alles daran, den Mörder ihres Bruder ausfindig zu machen....
Der kleine Freund ist für mich der bisher schwächste Roman von Donna Tartt. Die Geschichte fängt mal wieder richtig gut an, aber leider konnte ich mit dem ganzen Rest nicht viel anfangen. Teilweise ging mir die Geschichte auch richtig auf die Nerven. Sie ist nicht abgrundtief schlecht, lässt sich auf jeden Fall lesen, nur traf sie kaum meinen Geschmack.
Einerseits liegt's an den Charakteren.
Harriet wirkt für eine Zwölfjährige meistens überaus erwachsen. Es wird zwar gesagt, dass sie anders ist, aber ihre Gedanken und Taten machen sie unglaubwürdig. Vielleicht hab ich auch ein falsches Bild von zwölfjährigen Menschen und es verhalten sich tatsächlich einige so. Keine Ahnung. Hatte schon lange nichts mehr mit Zwölfjährigen zu tun und an mich selbst kann ich mich nicht mehr erinnern.
Zurück zu Harriet. Auch wenn sie oft sehr erwachsen ist, trifft sie doch mindestens eine Entscheidung, die absolut dämlich ist: sie geht relativ blindlings davon aus, dass Danny Ratliff ihren Brüder ermordet hat. Warum denkt sie, dass es Danny war? Nun, Ida hat gesagt, dass sie, kurz bevor Robin ermordet wurde, gesehen hat, wie er sich mit Danny gestritten hat.
Der schlechte Ruf der Familie Ratliff tut den Rest und Harriet möchte nun, dass Danny dafür bezahlt.
Die anderen Charaktere sind auch nicht besonders liebenswert, manche sogar verabscheuenswert.
Dann gibt's im Buch noch einige Spuren im Sand, ähnlich wie bei Roter Drache.
Spuren im Sand sind für mich Ansätzen von Nebenhandlungen, die nirgends hinführen und dann einfach verschwinden. Pures Füllmaterial, mit (fast) keinerlei Mehrwert.
Da wäre zum Beispiel die Träume von Allison. Harriet möchte, dass Allison ihre Träume aufschreibt. Sie legt Allison sogar ein Notizbuch oder ein paar Blätter Papier und einen Stift auf den Nachttisch, damit Allison gleich nach dem Aufwachen schreiben kann. Es kommen mindestens drei Passagen vor, die sich damit befassen und dann verläuft dieser Strang einfach im Sand.
Kurz vorm Ende treffen dann auch noch Eugen und Harriet aufeinander, aber dann kommt ziemlich abrupt das Ende. Könnte man als offenes Ende hinnehmen, aber es wirkt nicht so.
Generell ist das Ende sehr unbefriedigend.
Zum Schreibstil möchte ich sagen, dass mir das ständige Hin und Her zwischen den Charaktere gefallen hat. Meistens verfolgt man Harriet, aber dann auch wieder z.B. Edie oder Hely und erfährt, was in ihnen vorgeht.
Leider konnte mir das Buch, abgesehen vom Anfang, kaum etwas bieten. Es ist eindeutig ein Roman von Tartt, aber dieses Mal konnte der Funke leider kein Feuer entfachen.
Der kleine Freund bekommt von mir 1,5 von 5 rote Handschuhe.
juhk. d
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen